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Unisex verteuert Versicherungen

Januar 2012

Der Europäische Gerichtshof hat ein Urteil gefällt, das geschlechtsspezifische Kalkulationen von Versicherungsverträgen ab dem 21. Dezember 2012 verbietet. Begründet wurde dieses Urteil mit der Europäischen Antidiskriminierungsrichtlinie. Versicherer müssen nun neue Wege finden, um adäquate Kalkulationen zu erreichen.

Das Forschungsinstitut Oxera, das auch die EU-Kommission berät, hat im Auftrag des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) die Auswirkungen untersucht, die mit diesem Urteil einhergehen. Die daraus entstandene Studie ist offengelegt und unter folgendem Link abzurufen:

www.cea.eu/uploads/Modules/Publications/oxera-study-on-gender-use-in-insurance.pdf

Adverse Selektion und moralisches Risiko!?!

Oxera hat zwei Kernprobleme einer risikobasierten Prämienkalkulation identifiziert – die adverse Selektion und das moralische Risiko.

Die adverse Selektion besagt, dass Versicherungen insbesondere Menschen anziehen, die ein hohes Risiko haben. Da Frauen länger leben, haben sie ein höheres Langlebigkeitsrisiko und fragen daher verstärkter Rentenversicherungen nach als Männer.

Das moralische Risiko beschreibt, dass Menschen ihr Risikoverhalten verändern, sobald sie eine Versicherung abgeschlossen haben. So verhält sich beispielsweise eine Person, die zuvor zu risikoscheuem Verhalten tendierte nach Abschluss einer Versicherung tendenziell risikoneutral. Oxera sagt, dass z.B. junge Männer zu schnellem, unvorsichtigerem Autofahren tendieren, wenn sie nicht mehr befürchten müssen im Vergleich zu jungen Frauen höhere Prämien bezahlen zu müssen, da es Unisex-Tarife gibt.

Desweiteren hat Oxera herausgefunden, dass die Diskriminierung durch geschlechtsspezifische Tarife nicht zwangsläufig durch Unisex-Tarife verhindert wird. Da Frauen durchschnittlich länger leben, erhalten sie in einem Frauentarif der Rentenversicherung weniger Rente als Männer. Durch die verlängerte Lebenszeit gleicht sich diese Ungerechtigkeit wieder aus. Durch Unisex erhalten Frauen und Männer dagegen durchschnittlich einen unterschiedlichen lebenslangen Nutzen. Es entstehen also neue Ungerechtigkeiten.

Erfahrungen anderer EU-Länder

Einige EU-Länder haben bereits Erfahrungen mit Unisex-Kalkulationen. Ein Beispiel aus den Niederlanden: Hier zeigt sich, dass Frauen durch Unisex-Tarife in der Kfz-Versicherung durch die wechselnden Tarife stärker belastet werden, da sie ein geringeres Unfallrisiko aufweisen. Männer hingegen wurden entlastet. In Deutschland müssen sich junge Frauen auf mindestens 11 % höhere Prämien in der Kfz-Versicherung einstellen.

Weitere Folgen von Unisex-Tarifen

Neben Beitragserhöhungen können auch andere Kosten auf den Verbraucher zukommen. Oxera weist darauf hin, dass die adverse Selektion dazu führen kann, dass sich Personen mit geringerem Risiko aufgrund höherer Beiträge seltener versichern lassen. Um die adverse Selektion zu verhindern, müssen Versicherungen verstärkt Marketingmaßnahmen einsetzen. Diese Kosten werden letztendlich auf den Verbraucher abgewälzt, sagt Oxera.

Es ist anzunehmen, dass die Versicherer in Deutschland im Verlaufe des Jahres ihre Tarife auf die neue Unisex-Vorgabe umstellen. Bis zum 21.12.2012 muss diese Umstellung abgeschlossen sein.