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Das Rentenpaketmärchen

Dezember 2014

Bereits jetzt leiden viele Rentner unter Altersarmut. Doch das Rentenniveau wird in den kommenden Jahren weiter sinken. Eine Maßnahme zur Bekämpfung der Altersarmut ist die Rente mit 63. Sie sei gerecht, aber nicht teuer – so wurde es der Öffentlichkeit über Monate hinweg regelrecht eingeimpft. Nun ist klar, dass die präsentierten Zahlen völlig falsch waren. Die Kosten laufen aus dem Ruder und noch immer reden die Verantwortlichen das Problem klein.

Rentenreform for free?

Bereits bei Ankündigung der Maßnahmen gab es eine Vielzahl von Stimmen, die Skepsis äußerten. Schließlich wurden Maßnahmen wie die Mütterrente und die Rente ab 63 als praktisch kostenlos angepriesen.

Auf seiner Themen-Website lobt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, dass das neue Rentenpaket ein wichtiger Schritt in Richtung mehr Gerechtigkeit sei. Sicher ist bereits jetzt: Das Maßnahmenpaket ist teuer. Und zwar erheblich teurer als jemals zuvor angenommen.

Immense Zusatzkosten

In den Medien werden derzeit unterschiedlichste Zusatzkosten genannt. Allen Meldungen ist gemein, dass sie die ursprünglichen Schätzungen der Regierung weit übertreffen. Im Gesetzesentwurf wurden Mehrkosten von insgesamt 8,9 Milliarden Euro veranschlagt.

Der Rentenexperte der Linksfraktion, Matthias W. Birkwald, veröffentlichte eine Hochrechnung, die besagt, dass die von der Regierung genannten Zahlen um mindestens 4,6 Milliarden Euro übertroffen werden. Diese Schätzung bezieht sich alleine auf die entstehenden Zusatzkosten der Rente mit 63. Mittlerweile wurden Mehrkosten von insgesamt 13,5 Milliarden Euro auch vom Bundessozialministerium bestätigt.

Kritik von allen Seiten

Postwendend frischte der Gegenwind für die Rentenreformen erneut auf. Nicht nur aus allen Fraktionen hagelte es Kritik. Selbst Norbert Blüm kritisierte das Paket. Ausgerechnet Norbert Blüm, der einst eine legendäre Fehleinschätzung prägte: „Eines ist sicher: Die Rente“.

Sehr kritisch äußerte sich auch der Bundesrechnungshof. In seinem kürzlich erschienenen Jahresbericht kritisierte er die Leistungsausweitung der Rentenversicherung und bezeichnet sie als „eine der strukturellen Belastungen und Risiken, die eine nachhaltige Haushaltspolitik gefährden könnten.“ Der Bericht basiert dabei noch auf den ursprünglichen Zahlen der Bundesregierung – die aktuellen höheren Ausgaben sind noch gar nicht eingeflossen.

Der größte Posten im Bundeshaushalt

Der Zuschuss aus dem Bundeshaushalt in die Rentenkasse wächst und wächst. Der Bundesrechnungshof gibt an, dass die Ausgaben für sämtliche Alterssicherungssysteme in der Finanzplanung 2015 bereits mehr als 108 Milliarden Euro beanspruchen. Davon entfallen alleine 85 Milliarden Euro auf die Rentenversicherung. Die Leistungen des Bundes haben sich also innerhalb eines Zeitraumes von 20 Jahren mehr als verdoppelt. Mitte der 1990er Jahre lagen die vergleichbaren Werte noch bei gut 39 Milliarden.

Und dieser Trend wird sich fortsetzen. Bis zum Jahr 2018 ist ein weiterer Anstieg der Kosten um rund 10 Milliarden Euro zu erwarten. Dieser Anstieg wird vom Bundesrechnungshof als „überproportionaler Anstieg“ bezeichnet. Die Leistungen des Bundes an die gesetzliche Rentenversicherung stellen den mit Abstand größten Ausgabeposten im Bundeshaushalt dar.

Neben der Rente mit 63 ist die Mütterrente der Hauptausgabenfaktor. Alleine die Mütterrente verschlingt ab 2015  jährlich rund 6,3 Milliarden Euro. Dazu kommen die Mehrausgaben für die Rente ab 63 in Höhe von etwa zwei Milliarden Euro pro Jahr.

Kosten hoch, Leistung runter

Die Kosten nehmen zu – und das ist nur die eine Seite der Medaille. Die Kehrseite der Medaille ist, dass das Rentenniveau zudem stetig sinkt. 2028 wird es nur noch 44 % des Durchschnittseinkommens betragen. Im Jahre 2000 waren es noch knapp 53 %. Gleichzeitig erwarten Rentenexperten eine deutliche Anhebung des Beitragssatzes zur gesetzlichen Rentenversicherung. Im kommenden Jahr sinkt der Beitrag zwar auf 18,7 % - bis 2020 wird ein Anstieg auf 22 % erwartet.

Zusammengefasst: Bund und Versicherte investieren also stetig mehr in die Rente. Zeitgleich haben Rentner im Schnitt immer weniger Geld zur Verfügung.

Kritik prallt ab

Die Bundesministerin für Arbeit und Soziales Andrea Nahles hält die Rentenversicherung weiter für solide und die Kritik prallt an ihr ab. So sagte sie der Bundesvertreterversammlung der Deutschen Rentenversicherung: „Von daher kann ich einige Unkenrufe nicht ganz nachvollziehen. Wir haben massive Reformen durchgeführt wie kein anderes Land in Europa“. Bundeskanzlerin Angela Merkel stimmt ihr zu: „Die Rentenversicherung ist und bleibt ein prägendes Zeichen unseres lebendigen Sozialstaates.“